Bürger in Projekte einzubinden erfordert Begeisterung und Professionalität. Dann machen sie Spaß. Das ist ein wichtiges Fazit der Tagung Bürgerbeteiligungsprozesse initiieren, die der Verband Katholisches Landvolk (VKL) in Zusammenarbeit mit sieben Kooperationspartnern, darunter die Hauptabteilung Kirche und Gesellschaft der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die Leader Aktionsgruppe Oberschwaben, das Gemeindenetzwerk Bürgerschaftliches Engagement und die Akademie Ländlicher Raum Baden-Württemberg, am vergangenen Freitag initiiert hat. Rund 80 Bürgermeister, Ortsvorsteher, Kommunalpolitiker und Vertreter von Institutionen aus ganz Baden-Württemberg waren ins Kloster Heiligkreuztal bei Riedlingen gekommen, weil sie schon vom Thema begeistert waren oder um sich begeistern zu lassen.
„Bürgerbeteiligungsprozesse erfordern klare Rollen, transparente Spielregeln und professionelle Methoden“, erläuterte der Professor für soziale Arbeit und Leiter der Fachberatung des Gemeindenetzwerks Bürgerschaftliches Engagement, Prof. Paul-Stefan Roß aus Stuttgart. In seinem engagierten Vortrag lässt Professor Roß allerdings auch die häufig genannten Risiken von Bürgerbeteiligung, wie enttäuschte Erwartungen, die Dominanz gut organisierter Einzelinteressen oder Verzögerungen nicht unerwähnt. Die Vorteile aber überwögen deutlich: „Menschen identifizieren sich mit ihren Gemeinden, sie bringen ihre Ideen für sachgerechte Lösungen ein und übernehmen Verantwortung“, so der Experte. „Je professioneller dabei die Vorbereitung und Begleitung der Prozesse, um so mehr überwiegen die Vorteile.“
Ein funktionierendes Praxisbeispiel aus der Gemeinde Eichstetten präsentierte der Bürgermeister a.D. Gerhard Kiechle. „In Eichstetten ist Bürgerbeteiligung selbstverständlich, ob es um die Organisation eines Gemüsefestes, die Pflege älterer Gemeindemitglieder oder um neue Bebauungspläne handelt“. Kiechle betonte ein zentrales Ergebnis dieser Bürgerbeteiligungsprozesse: „Aus Bürgerbeteiligung entsteht Verantwortung“, sagt er.
Bürgerbeteiligung liegt im Trend. Viele Gemeinden interessieren sich für neue Wege. Gute und teilweise auch überraschende Ideen hierfür kamen im Laufe der Tagung ans Licht. Mit begeisternden und professionellen Prozessen kann vor Ort viel Kraft, Zeit und Geld gespart werden. Alle sechs Referenten sind sich darüber einig, Prozesse und nicht Methoden ins Zentrum zu stellen. Das heißt: Die Perspektive ist langfristig, immer wieder gilt es, Bilanz zu ziehen, Ansprechpartner bereit zu halten, Themen neu anzuschieben oder punktuell externe Fachleute zu beteiligen. Insgesamt hat die Tagung nicht nur überzeugt, sondern auch begeistert. „Es wird es sicherlich weitere Veranstaltungen geben, die unter dem großen Thema „bürgernahe Kommunalpolitik“ professionelle Unterstützung bieten“, verspricht der Geschäftsführer des VKL, Wolfgang Schleicher.