Spontan mit Improvisationsgeschick

Im Konvoi zur ukrainischen Grenze

Betroffen von den Nachrichten aus der Ukraine, hat sich am Abend des 10. März ein Konvoi mit Hilfsgütern für eine Flüchtlingsunterkunft in der Diözese Sambir-Drohobych an die polnisch/unkrainische Grenze auf den Weg gemacht. Ziel war die über 1300 km entfernte Stadt Krościenko an der polnisch ukrainischen Grenze. Mit dabei der Geschäftsführer des VKL, Wolfgang Schleicher mit Frau Michaela, Vorstandsmitglied Conny Branz und der Leiter der Landwirtschaftlichen Familienberatung, Michael Wehinger.  Die Spendenbereitschaft war enorm:13 Lieferwagen wurden mit Nahrungsmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs beladen und machten sich am Nachmittag unter der Leitung des Vorstands der Aktion Hoffnung, Anton Vaas, auf den Weg in Richtung Osten. Die Diözese Sambir-Drohobych betreibt unter anderem ein Reha- und Flüchtlingszentrum in Truskavets, nahe der polnischen Grenze. Sie brauchte die Waren, trotz anderslautender Meldungen in den Medien sehr dringend, um den nicht abreißenden Strom an Geflüchteten einigermaßen versorgen zu können.

Erste Station nach 960 Kilometern Fahrt war die Industriestadt Katowice. In einer Eigenheim-Siedlung in einem äußeren Stadtteil wurden die Fahrer früh am Morgen von einem befreundeten polnischen Ehepaar - Alicja und Norbert Majer - empfangen und mit Frühstück versorgt. 

Je weiter der Konvoi der Aktion Hoffnung Richtung Osten vorankam, desto öfter traf er auch auf andere Transportwagen, die mit mehrsprachigen Zetteln hinter der Windschutzscheibe oder an der Ladeklappe als Ukraine-Hilfstransporte gekennzeichnet waren.

Am Grenzübergang angelangt warteten Oksana Ostashchuk und P. Vasyl Kopychyn von der ukrainisch griechisch-katholischen Eparchie Sambir-Drohobytsch sowie weitere ukrainische Helfer bereits auf den Konvoi. Gemeinsam wurden die Hilfsgüter umgeladen. Schon seit vielen Jahren pflege die Diözese Rottenburg-Stuttgart Hilfskontakte zu der ukrainischen Eparchie, erklärt Oksana Ostashchuk. Sie diene als Kontaktperson. Laut Oksana Ostashchuk gibt es in der Eparchie fünf Zentren, in denen 450 Flüchtlinge aufgenommen wurden.  Bis die Transporter den Grenzbereich wieder verlassen konnten, hieß es: Warten. Das ließ Zeit, um sich einen Überblick über die Situation im grenznahen Raum zu verschaffen. Dort sind Zelte aufgebaut. Helfer bieten den Flüchtlingen aus der Ukraine kostenlos Kaffee, eine Mahlzeit oder eine Aufwärmmöglichkeit. 

Vor einem Zelt, dessen Rollbanner davor das Emblem der Malteser zeigte, wärmten sich 25 Frauen und Kinder an einem Feuerkorb. Es sind die Flüchtlinge, die der Konvoi der Aktion Hoffnung auf dem Rückweg mitnehmen sollte. Sobald die leeren Konvoi-Transporter zurück auf polnischem Territorium waren, konnten sie einsteigen.

Sie komme aus Sumy erzählt eine Mutter mit zwei Kindern. Die Stadt liegt im Nordosten der Ukraine, nicht weit entfernt von der Grenze zu Russland. Drei Tage sei sie unterwegs gewesen. Bekannte hätten sie mit dem Auto zur Grenze gebracht. Der Mann musste bleiben. Auf der Rückfahrt würde sie bei Dresden aussteigen, dort habe sie Freunde. Denn die Ukrainerin hatte Anfang der 2000er Jahre in Dresden einige Zeit studiert.

Da die Wartezeit sehr lang war, übernachteten die Fahrer, Beifahrer und Flüchtlinge noch einmal zweieinhalb Stunden von der Grenze entfernt. 

Auf einem Rastplatz erzählte eine Mutter, die in einem anderen Konvoi-Wagen sitzt, dass die regelmäßigen Alarme seit Beginn des russischen Angriffs das Verhalten ihrer Kinder verändert hat. So habe der jüngste Sohn Angst vor Geräuschen.

Für 22 ukrainischen Frauen und Kinder ging die Fahrt bis zur Raststätte Sindelfinger Wald bei Stuttgart. Als der Konvoi gegen 22 Uhr dort ankam, warteten bereits drei Transporter der Feuerwehr Tiefenbronn. Sie brachten die Flüchtlinge zum Zielort, dem Feriendorf des Familienerholungswerks der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Schramberg. Steffi Fischer hatte diese Übergabe am Tag zuvor kurzfristig aus dem Konvoi heraus über den Feuerwehrmann Christian Gall organisiert. Damit entlastete die Feuerwehr den erschöpften Konvoi-Trupp. Nach 2600 Kilometern hatten die Fahrzeug-Teams dann auch nur noch ein Ziel: das eigene Bett.